Robin für ein Jahr in Kenia

Zwischen Stammesregeln, Hühnerauktion und Bürokratie-Chaos: Einblicke in meinen Alltag

Hello,

heute möchte ich ein paar lustige Geschichten erzählen, die wir hier erlebt haben – Dinge, die man in Deutschland so wohl nicht erleben würde. Dafür muss ich etwa anderthalb Monate zurückgehen. Es war zwei Wochen vor der Graduation unserer Gastschwester, als es hieß, dass die Oma aus dem Village zu Besuch kommt. Das Problem war, dass sie irgendwo schlafen musste.

Normalerweise gibt es in unserem Haus genug Betten. Allerdings ist es aufgrund einer Stammesregel nicht erlaubt, dass Mutter und Sohn im selben Haus übernachten. Deshalb wurde extra ein zweites Haus gebaut. Das Problem mit diesem Haus war jedoch, dass unser Gastvater sich vor zwei Jahren das Bein gebrochen hatte und seitdem nicht mehr die Treppe hochgehen kann. Daher hatte er im Erdgeschoss auf einem Bett geschlafen.

Nun war es der Oma jedoch verboten, auf dem gleichen Bett zu schlafen – und das betraf nicht nur die Matratze, sondern auch das gesamte Bettgestell. Daher sollte das Bettgestell den viel zu engen Treppenaufgang hochgetragen werden, damit die Oma auf einem anderen Bett schlafen konnte. Schon vorher war klar, dass das Bett viel zu groß war für die Engstelle und nicht um die Ecke passen würde.

Anstatt die Stammesregel etwas lockerer zu nehmen und zumindest das Bettgestell zu verwenden, begann unser Gastvater, die Treppendecke mit Hammer und Meißel abzutragen. Das reichte jedoch nicht. Also wurde das Geländer zerstört, das Bettgestell verbogen und Teile der hölzernen Treppe abgehackt. Am Ende stellte sich heraus, dass es trotzdem nicht funktionierte. Zurück blieb ein kaputtes Haus, ein kaputtes Bett und eine kaputte Treppe. Es wäre vermutlich einfacher gewesen, das Bett in zwei Teile zu sägen und oben wieder zusammenzuschweißen.

Leider verstarb die Oma zwei Tage später und konnte somit natürlich nicht mehr zur Graduation kommen. Plötzlich änderten sich alle Pläne, und es musste Geld für die Beerdigung gesammelt werden. Da unser Gastvater George das einzige Kind seiner Mutter war, musste er die gesamten Kosten übernehmen. Das Ziel war, 500.000 Schilling (etwa 3.500 €) aufzubringen – eine immense Summe hier.

Über drei Wochen hinweg wurden Spenden gesammelt. Jeden Abend waren mindestens 30 Leute bei uns im Haus, es gab Gottesdienste und  Programm. Außerdem wurde eine riesige WhatsApp-Gruppe eingerichtet, in der jeder spenden konnte. Eines Abends gab es eine Auktion, bei der Dinge versteigert wurden, um Geld zu sammeln.

Da wir mehrere Freiwillige waren, wollten wir unbedingt ein Huhn ersteigern. Es war super lustig, weil wir ständig überboten wurden. Am Ende haben wir aber doch den höchsten Preis geboten und unser Huhn – “Chicken Bob” – gekauft. Bob war allerdings nicht lange bei uns, denn wir hatten Hunger, und eine Stunde später lag er schon in der Pfanne.  Trigger Warnung: Ich hatte vorher noch nie gesehen, wie ein Huhn geschlachtet wird, und wusste nicht, dass es nach dem Köpfen immer noch weiterläuft. Man muss es wirklich gut festhalten!

Am Abend zuvor hatten wir eine Hausparty organisiert, um Spenden zu sammeln, zusammen mit anderen Freiwilligen aus Deutschland. Der Abend war super lustig, und wir konnten eine kleine Summe beisteuern.

Nun zum Thema Visum: Ich weiß nicht, ob ihr die Szene A 38 aus Asterix und Obelix kennt, aber sie beschreibt die Bürokratie hier perfekt. Um 7:00 Uhr morgens machten wir uns auf den Weg ins Ministerium in der Stadt. Dort angekommen, fuhren wir mit dem Aufzug in den 17. Stock. Von dort wurden wir in den 5. Stock geschickt, dann wieder in den 7., zurück in den 17. und so weiter – alles natürlich zu Fuß.

Als ich schließlich im 17. Stock an den richtigen Schalter kam, war ich endlich richtig. Das System im Ministerium funktionierte allerdings nicht, sodass alle Mitarbeiter TikTok oder Instagram schauten, anstatt zu arbeiten – vermutlich dauert deshalb alles so lange.

Ich wurde von Schalter 15 zu Schalter 7, dann zu Schalter 9, zurück zu Schalter 5 und schließlich wieder zu Schalter 15 geschickt, wo ich endlich ein Dokument erhielt, das ich bei Schalter 2 vorzeigen musste. Nach zwei langen Stunden voller Bürokratie, etlichen Treppen und viel Frust kam ich halbwegs erfolgreich aus dem Gebäude: Ich habe mein Visum bekommen, die anderen jedoch nicht. Immerhin kann ich jetzt für ein Jahr hierbleiben. Folgt mir übrigens gerne auf Instagram, dort gibt es fast täglich Fotos ;).

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